29.10.2018
Unserer seit 2001 bestehenden Musikschule stehen stürmische Zeiten bevor. Und wiedermal geht es um die Finanzierung.
Leider hat der Kulturkonvent des Kulturraumes Meißen – Sächsische Schweiz-Osterzgebirge in diesem Jahr neue Richtlinien verabschiedet, die die weitere Existenz unserer Musikschule gefährden.
Hier einige kurze Erläuterungen:
Die Kulturpflege - und dazu zählt die Arbeit von Musikschulen, die nicht gewinnorientiert sind - ist im Freistaat Sachsen (übrigens als einzigem Bundesland) eine Pflichtaufgabe der Gemeinden und Landkreise (§ 2 Abs. 1 Sächsisches Kulturraumgesetz – SächsKRG). Bei ihren Aufgaben von regionaler Bedeutung werden die Träger kommunaler Kultur von den Kulturräumen unterstützt, wobei sich dies insbesondere auf die Finanzierung dieser Aufgaben bezieht (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SächsKRG). Zur Finanzierung der Kulturkasse erhalten die Kulturräume jährlich Zuweisungen des Freistaates Sachsen und erheben bei ihren Mitgliedern eine Kulturumlage.
Die Musikschule des Musikverein Bannewitz e.V. unterrichtet nach den Vorgaben des VdM. Insofern haben wir bisher alle Kriterien eingehalten, die für eine staatliche Förderung notwendig sind.
Wir als Träger erhalten deshalb seit vielen Jahren staatliche Zuschüsse, 2017 waren das rd. 14.000 EUR vom Freistaat (Personalkostenzuschuss), 35.400 EUR vom Kulturraum, rd. 14.000 EUR von der Sitzgemeinde Bannewitz.
Einen großen Teil der Einnahmen tragen die Eltern (Unterrichtsgebühren ca. 85.000 EUR).
Insgesamt unterrichten wir derzeit in 221 Wochenstunden. Ende 2017 hatten wir 439 Schüler, einschließlich der Ensembles, des Ergänzungsunterrichts, der 8 Gruppen musikalische Früherziehung u.v.a.
Diese finanzielle Förderung erhielten wir nach großen Kämpfen um eine Gleichbehandlung der Musikschulen des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, u.a. wurde 2010 unsere Petition an den Sächsischen Landtag positiv beantwortet.
2015 wurde durch den Kulturraum gemeinsam mit den Musikschulen des Kreises eine Richtlinie zur finanziellen Unterstützung erarbeitet, die alle sechs betreffenden Musikschulen einvernehmlich akzeptierten.
Diese Verfahrensweise wurde nun aufgekündigt, die Förderung soll für kleinere Musikschulen ganz entfallen. (Neue Richtlinien)
Musikschulleitung und Elternvertretung schrieben am 9.9.2018 eine Petition an den Sächsischen Landtag.
Am 3.9.2018 stellten wir Frau Ministerin Dr. Eva-Maria Stange in einem Bürgergespräch im Sächsischen Kulturministerium, wie Sie als Ministerin die Umsetzung der höheren finanziellen Förderung durch den Freistaat kontrolliert und wie gesichert wird, dass die kleineren Musikschulen im ländlichen Raum nicht untergehen.
2018 sah die Förderung so aus:
Antragsteller |
Einrichtung/Projekt |
Zuwendung |
Landkreis Meißen |
Musikschule des Landkreises Meißen (einschl. Jugend musiziert 1.500,00 EUR) |
420.000,00 EUR |
Große Kreisstadt Freital |
Musikschule Freital |
110.800,00 EUR |
Musikschule Sächsische Schweiz e.V. |
Musikschule Sächsische Schweiz |
469.000,00 EUR |
Musikverein Bannewitz e.V. |
Musikschule Bannewitz |
35.400,00 EUR |
Kunst- und Musikschule Dippoldiswalde e.V. |
Kunst- und Musikschule Dippoldiswalde |
77.500,00 EUR |
Musikschule Wilsdruff e.V. |
Musikschule Wilsdruff |
57.000,00 EUR |
Musik-, Tanz- und Kunstschule Bannewitz e.V. |
Musik-, Tanz- und Kunstschule Bannewitz |
173.000,00 EUR |
Quelle: https://www.kulturraum-erleben.de/de_DE/gefoerderte-einrichtungen-projekte#2018
Auch der Sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), die beiden CDU-Landräte und die Kreistagsfraktionen wurden unterrichtet.
Die Sächsische Zeitung griff die Problematik auf und veröffentlichte am 23./24.10.2018 in den Regionalzeitungen einen Artikel unter der Überschrift "Musikschule bangen um ihre Existenz" mit Erläuterungen.
Dazu schrieben wir einige Anmerkungen:
Sehr geehrte Damen und Herren Kreisräte,
wir wenden uns heute an Sie, weil wir Sorgen um die Existenz der Musikschulen des ehemaligen Weißeritzkreises haben.
Die in den letzten Monaten geführten Gespräche mit Mitarbeitern des Kulturraumsekretariats und mit verschiedenen Kommunalpolitikern bestärkt uns eher in dieser Sorge. Leider haben wir für die uns vom CDU-Fraktionsvorsitzenden des Kreistages SSO genannte Gesprächsrunde der Verantwortlichen mit allen Musikschulvertretern keine Einladung erhalten. Ein Zwischenbescheid, ob und in welcher Höhe wir 2019 Fördermittel durch den Kulturraum bekommen, haben wir bisher auch nicht erhalten, so dass nicht einmal die Finanzierung des laufenden Schuljahres 2018/19 gesichert ist.
Dies ist um so bedenklicher, da wir auf Grund der neuen, im Mai beschlossenen Richtlinien für dieses Schuljahr die Wochenstundenzahl erhöhen mussten und ebenso für das Schuljahr 2019/20, um die geforderten Planzahlen zu erreichen. Der Zuschussbedarf vom Kulturraum für unsere Musikschule ist deshalb von 35.400 € (2018) auf rund 80.000 € (2019) gestiegen. Wir wissen, dass diese Zahl im Verhältnis der Förderung anderer Musikschulen gering ist (2018: Musikschule Sächsische Schweiz e.V. 469.000 €; Musikschule Meißen 420.000 €), für uns sind diese 80.000 € jedoch existenziell wichtig. Wenn Frau Hille sagt, sie wolle „den Fortbestand weiterhin sichern“, ist sicher gemeint, das Unterrichtsangebot nicht zu kürzen! Diese zusätzlichen Kosten müssten durch den Kostenverursacher, den Kulturraum finanziert werden, da diese Kosten auf Grund der neuen Richtlinie entstehen bzw. gefordert werden.
Im o.g. Artikel der Sächsischen Zeitung wird Frau Hille zitiert, sie hält es „für wirtschaftlicher, wenn Musikschulen fusionieren“. Diese Meinung steht im Raum, wurde in keiner Weise begründet oder mit Zahlen untersetzt.
Im Prozess der Optimierung der Musikschularbeit im Landkreis Sächsische Schweiz – Osterzgebirge wurden in der Vergangenheit bereits mehrere Modellversuche diskutiert, u.a. die Fusionierung von Schulen zu größeren Einheiten. Dazu beauftragte der Kreistag unabhängige Gutachter. Die Gutachter kamen zum Ergebnis, dass ein Zusammenschluss der Musikschulen eher eine Kostensteigerung als eine Einsparung erbringen würden.
Gerade die Musikschullandschaft in anderen Bundesländern zeigt, dass eine solche These, Fusionierungen würden Kosten sparen (bei gleichen Unterrichtsangeboten) nicht zwangsläufig richtig ist. Auch in der Wirtschaft sind oft kleinere oder mittlere Unternehmen effektiver, zumal in kleineren Schulen die Bindung Schule – Schüler – Eltern vielfach höher ist. (Auch kleinere Schulen oder Gymnasien in freier Trägerschaft beweisen das!)
Wir können gern unser Finanzierungsmodell vorstellen, wir erhalten zwar nur z.B. ein 1/13 der Kulturraumförderung im Vergleich zur Musikschule Sächsische Schweiz, haben aber bei weitem nicht nur 1/13 der Wochenstunden oder der Schülerzahlen aufzuweisen! Effektive Arbeitsweise, klare Leitungsstruktur und große Unterstützung durch ortsansässige Firmen, Einzelpersonen, Eltern und Anerkennung des Leistungsprinzips, das qualitativ hochwertigen Unterricht (98 % der Stunden werden von Musiklehrern mit Hochschulabschluss gehalten) sind Markenzeichen unserer Musikschule.
Die Aussage von Frau Hille, es sei wirtschaftlicher zu fusionieren, zeigt eher ihre Befangenheit in der Sache. Sie ist auf Grund ihrer Funktion als stellvertretende Vorsitzende des Musikschulvereins der Musikschule Sächsische Schweiz e.V. aus unserer Sicht an einer Unterstützung kleinerer, finanziell effektiver arbeitender Musikschulen nicht interessiert.
Bedenklich auch die Aussage von Frau Hille, alle Musikschulen hätten vor der Beschlussfassung Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt. Dies können wir so nicht bestätigen. Auf unser Schreiben vom 12.04.2018 an den Landrat Herrn Geisler mit der Bitte um Anhörung (s. Anlage 1), erhielten wir im Schreiben vom 8.5.2018 (also am Tag des Beschlusses) die Antwort, dass im Vorfeld die Bürgermeister angehört worden seien (s. Anlage 1). Dies ist u.E. nicht ausreichend, da der Rechtsträger unserer Musikschule nicht die Gemeinde, sondern ein eingetragener Verein ist. Auf unsere telefonische Nachfrage im Landratsamt am 11.5.2018 erhielten wir von einem Mitarbeiter des Büros von Frau Hille die Auskunft, dass die Richtlinien nun beschlossen seien und es ja Übergangsregelungen gäbe.
Die neuen Richtlinien bedeuteten für unsere Musikschule die bestehende Wochenstundenzahl des Musikunterrichts zu erhöhen und damit erhebliche Mehrkosten (Personaleinstellungen mit erhöhten Kosten, höhere Mietkosten, Verwaltungskosten usw.) einzuplanen, andere Ausgaben zu kürzen, um weitere Spenden zur Finanzierung zu bitten. Möglicherweise müssen auch Kredite aufgenommen werden. Da das Schuljahr bereits im August 2018 beginnt, wird sich ein Teil der Kostenerhöhungen bereits in diesem Jahr niederschlagen.
Wie wir den Aussagen der einzelnen betroffenen Musikschulen im Artikel der SZ entnehmen können, wird unsere Annahme bestärkt, die neuen Richtlinien des Kulturraumes Meißen - Sächsische Schweiz-Osterzgebirge zur Bezuschussung von Musikschulen übervorteilen die zwei größeren Musikschulen zu Ungunsten der kleineren.
Die Richtlinien sind geradezu für die weitere Förderung, besonders der Musikschule Sächsische Schweiz verfasst. Sowohl die vorgeschriebene Zahl der Jahreswochenstunden (300), die dezentrale Unterrichtsangebote und der Nachweis eines flächendeckenden Angebotes i.H.v. mindestens 1/3 der geleisteten Jahreswochenstunden außerhalb der Kommune des Hauptstandortes, aber auch die Regelung, dass die Hälfte der unterrichtenden Lehrkräfte einen pädagogischen Abschluss (Hochschule oder gleichwertig) haben sollen, ist für diese Musikschule ohne Weiteres erfüllbar. (Wobei die Formulierung „sollen“ ja keinerlei Verpflichtung enthält!)
Gerade letzteres widerspricht aber jeglichen Qualitätsansprüchen, die an Musikschulen im Freistaat Sachsen gestellt werden. Wie kann eine Musikschule, an der nur 50 Prozent qualifizierte Lehrkräfte unterrichten, folgende Qualitätskriterien erfüllen?
Die Musikschule erfüllt die Aufgaben, Kinder, Jugendliche und Erwachsene an die Musik heranzuführen, Musikunterricht im instrumentalen und vokalen Bereich zusätzlich zum Fachunterricht der allgemeinbildenden Schulen anzubieten sowie Begabungen frühzeitig zu erkennen und zu fördern. Die Musikschule gewährleistet eine vorberufliche Fachausbildung. Die Musikschule nimmt musischästhetische Bildungsaufgaben wahr. Die Musikschule ist das Kompetenzzentrum für musikalische Bildung und Erziehung der kommunalen Bildungslandschaft. (aus: Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst zur Förderung der Arbeit an Musikschulen, Abschnitt II. Punkt 1.1)
Hinzu kommt, dass der Fortbestand der Musikschule Sächsische Schweiz e.V. schon dadurch gesichert ist, dass zum Beispiel bei einer Insolvenz der Musikschule Sächsische Schweiz e.V. die Rückführung der Trägerschaft in den Landkreis vertraglich festgeschrieben ist.
Ist die Neuregelung, dass nur noch 50 Prozent qualifizierte Lehrer unterrichten sollen, um förderberechtigt zu sein, schon äußerst fraglich und nicht an einem qualitätsvollen Bildungsauftrag ausgerichtet, so ist die Bedingung, mindestens 1/3 der geleisteten Jahreswochenstunden außerhalb der Kommune des Hauptstandortes anzubieten, völlig realitätsfern und unverständlich. Damit kann nirgendwo eine „regionale Bedeutsamkeit“, wie sie das Kulturraumgesetz fordert, nachgewiesen werden. Weder hat die Musikschule Sächsische Schweiz e.V. eine regionale Bedeutung im ehemaligen Weißeritzkreis oder im Kreis Meißen, noch die Musikschule Meißen in den beiden anderen Regionen. Die fünf Musikschulen des ehemaligen Weißeritzkreises decken ebenfalls die Nachfrage von Musikschulunterricht ab und unterrichten auch nicht in den beiden anderen großen Regionen.
„Zum Nachweis der regionalen Bedeutung einer Musikschule und damit Voraussetzung für eine Förderung durch den Kulturraum muss die Mindestzahl der Jahreswochenstunden über einen Zeitraum von 3 Jahren jährlich mindestens 150 Jahreswochenstunden betragen. Die Kulturraumförderung wird anteilig zu den Jahreswochenstunden gewährt (bis zu 350 Euro je Jahreswochenstunde unter Beachtung der zur Verfügung stehenden Kulturraummittel, maximal jedoch 50 v.H. der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben der Einrichtung).“
So legt der Kulturraum Vogtland-Zwickau die regionale Bedeutung für Musikschulen – hier werden 6 Musikschulen gefördert - in seinen Richtlinien fest.
In den letzten Jahren waren in unserer Musikschule Personalkostenerhöhungen oder gar neue Festanstellungen aufgrund der stagnierenden Fördersummen nicht möglich. Es wäre wünschenswert, wenn die kleineren Musikschulen – ähnlich der Musikschule Meißen - mit Hilfe des Kulturraumes die Kostensteigerungen mitfinanziert bekämen. So erfuhren wir in einem Gespräch mit Kulturministerin Frau Dr. Eva-Maria Stange am 3.9.2018, dass die Musikschule Meißen in diesem Jahr 10 neue feste Lehrerstellen ausschreiben konnte. Die Stellen wurden u.a. durch Fördermittel des Kulturraumes finanziert. Auf unsere Nachfrage hin wurde uns der Sachverhalt schriftlich bestätigt (s. Anlage 2). (Anmerkung: Dieser Zuschuss wird nun über viele Jahre weiterhin fließen).
Wir würden uns sehr freuen, wenn es in naher Zukunft, und zwar bevor der Kulturkonvent über die Förderungen 2019 beschließt, zu Gesprächen auch mit den Kreistagsabgeordneten kommt. Sollten die Richtlinien nicht ausgesetzt oder verändert werden, bitten wir zu prüfen, ob der Landkreis die auf Grund der neuen Richtlinie entstandenen fehlenden Finanzmittel einstellen kann, damit der Unterricht in unserer Musikschule in den nächsten Jahren gesichert werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Elisabeth Scholz Gerald Schneider
Musikschulleiterin Elternvertretung